DRUCKEN
Alkohol: Volksdroge und Familienkrankheit

Alkohol: Volksdroge und Familienkrankheit

Von: sdo/42

Noch bis 25. Juli ist im Landratsamt Unterallgäu die Ausstellung "Blau" zu sehen. Foto: Stefanie Dodel/Landratsamt Unterallgäu

Alkohol ist die Volksdroge Nummer 1. Zur öffentlichen Debatte über den Umgang damit anregen will die Wanderausstellung "Blau", die auf Initiative des Unterallgäuer Gesundheitsamts, der Psychosozialen Beratungsstelle der Arbeiterwohlfahrt und der Krankenkasse DAK noch bis einschließlich 25. Juli im Landratsamt Unterallgäu zu sehen ist. Welche Probleme eine Alkoholabhängigkeit nicht nur für Betroffene, sondern auch für deren Angehörige mit sich bringt, beleuchtete Diplom-Psychologe Matthias Vöhringer von der Helios-Klinik Bad Grönenbach. In seinem Vortrag stellte er auch die vielfältigen Hilfsangebote in der Region vor.

"Alkohol ist ein riesiges Problem, das von der Gesellschaft mitgetragen wird", betonte Vöhringer. So müsse man den Alkoholkonsum von etwa 10,4 Millionen Deutschen als "riskant" bezeichnen, 1,7 Millionen Männer und Frauen seien abhängig und davon Millionen Angehörige betroffen. Jedes Jahr sterben laut Vöhringer allein in Deutschland rund 42.000 Menschen an den Folgen von Alkohol, weitere 1800 Menschen durch Unfälle, bei denen Alkohol im Spiel ist.

Problematisch sei beim Thema Alkohol vor allem, dass der Konsum meist verharmlost werde. Dabei sei die Grenze zur Abhängigkeit fließend, so Vöhringer. Er betonte, dass die psychische Abhängigkeit in den meisten Fällen schon deutlich vor der körperlichen Abhängigkeit beginne. Die gute Nachricht sei jedoch: Wer das Problem erkenne, der könne auch damit klarkommen, so der Diplom-Psychologe.

Mit deutlichen Worten stellte er die körperlichen, psychischen und psychosozialen Folgen der Alkoholsucht heraus: So sei hiervon vor allem das Gedächtnis betroffen, die Urteils- und Kritikfähigkeit lasse nach, Familie und Beruf würden gleichgültig, die Persönlichkeit verändere sich. Dies wiederum zerstöre Beziehungen zu Familie und Freunden und könne zu Problemen am Arbeitsplatz führen. Laut Vöhringer ist die Sucht jedoch vor allem auch ein Problem des Partners und der Kinder. Nicht selten würden diese durch die große Belastung selbst krank. Er warb dafür, sich als Betroffener wie auch als Angehöriger professionelle Unterstützung zu suchen und stellte die vielfältigen Angebote im Landkreis Unterallgäu und in der Stadt Memmingen vor. Erste Anlaufstellen könnten etwa die Psychosozialen Beratungsstellen, Hausarzt oder Pfarrer, Selbsthilfegruppen, Kliniken oder die Telefonseelsorge sein. "Als Angehöriger darf man sich selbst nie vergessen. Denken Sie an Ihr eigenes Wohlbefinden und Ihre eigene Gesundheit", betonte Vöhringer. Er riet dazu, den Abhängigen zur Behandlung zu motivieren, Druck zu machen, nichts zu vertuschen und konsequent zu sein.

Am Abend zuvor stand bei der Eröffnung der außergewöhnlichen Ausstellung das ehrenamtliche Engagement der Selbsthilfegruppen im Bereich Alkohol und Sucht im Mittelpunkt. Landrat Hans-Joachim Weirather betonte, wie wichtig es für jeden sei, vorsichtig mit diesem legalen Rauschmittel umzugehen. Bezirkstags-Vizepräsident Alfons Weber beschrieb die besondere, auch finanzielle Unterstützung des Bezirks Schwaben für Menschen mit Alkoholproblemen. Er hob hervor, welch wesentliche Bedeutung bei der Begleitung von Menschen mit Suchterkrankungen der gut vernetzten Zusammenarbeit der Fachleute zukommt. Waltraud Rehm berichtete als Leiterin der Psychosozialen Beratungsstelle Memmingen/Mindelheim über ihre Arbeit und stellte die Zusammenarbeit mit den Selbsthilfegruppen dar. Musikalisch umrahmt wurde die Ausstellungseröffnung vom Gitarrenensemble der Musikschule Mindelheim und von "M. R. Smallwood". Im Rahmen der Ausstellung bietet die Psychosoziale Beratungsstelle der Arbeiterwohlfahrt in Kooperation mit dem Gesundheitsamt Workshops für Schüler an.

Inhalt zuletzt aktualisiert am: 21.05.2024